Jakobsweg - See nach Logrono

Dein Körper ein Feedback-Mechanismus?

Wie wäre es, wenn wir einen Weg finden würden permanent mit unserem Körper (wieder) zu kommunizieren? Hätten wir dann alle unser Wohlfühlgewicht, wären wir dann alle gesund und hätten wesentlich mehr Spaß am Leben? Ich bin mir sicher, genau dies würde alles geschehen...

Worum es in diesem Beitrag geht

Eine der interessantesten Erfahrungen auf dem Camino war die Tatsache, dass mein Körper der wunderbarste Feedbackmechanismus ist, den es gibt (für mich). Wenn ich bereit bin zuzuhören, bekomme ich alle Informationen sofort und aus erster Hand.

Du sagst jetzt, das ist nichts Neues für dich? Ist es auch nicht. Der Unterschied oder das Neue für mich war dieses unmittelbare körperliche Erleben. In vielen Ausbildungen und Seminaren habe ich das auch vorher schon oft gehört.

Doch wenn du deine "Weisheiten" auf einmal wirklich körperlich erleben, fühlen, durchleben darfst, dann ist dies eine komplett neue Erfahrung. Doch dazu später mehr...

Geschichten vom Camino

Gleich in der ersten Unterkunft nach Pamplona habe ich junge Leute kennengelernt, die nach dem 5. Tag auf dem Camino echt kaputte Füße hatten. Ich will es an der Stelle gar nicht näher beschreiben, wie diese Füße ausgesehen haben, vielleicht nur zwei Worte - schrecklich offen.

Treffen in Puenta la Reina

Blasenversorgung

Fußpflege auf dem Camino

Ja klar, die Drei waren in Saint-Jean-Pied-de-Port gestartet und hatten als erste Etappen die Überwindung der Pyrenäen zu leisten. Wow - echt krass habe ich mir gesagt. Da hast du wirklich was verpasst Thomas.

An diesem Abend habe ich mich mit dem Mädchen darüben unterhalten, wie es denn so gelaufen ist. Sie sagte mir - sie hat keine großen Trekkingerfahrungen, hat sich nicht wirklich vorbereitet und sie wollte einfach mit den Anderen mithalten. Das alles habe ich verstanden und in dem Moment auch nicht hinterfragt.

Der Franzose in Logrono

Unterwegs nach Logrono überholte mich ein Mann, der sehr gut ausgestattet schien und etwa in meinem Alter ist. Er hatte ein unglaubliches Tempo drauf. Sah alles sehr gut aus. An diesem Tag hatten wir etwa 28 °C und kaum Wind, also so richtig Sommer.

Der "Zufall" will es und ich lande in der gleichen Herberge, im gleichen Zimmer. Wir sind allein in einem 10-Bett-Zimmer, sehr schön und richtig gut ausgestattet (mit einem echten Handtuch - darüber kannst du dich auf dem Camino freuen)

Jakobsweg Zimmer-Logrono

Am Nachmittag war ich in der Stadt unterwegs, habe dann für mich gekocht und wollte mich ins Zimmer zurückziehen, um ein paar Sachen aufzuschreiben. Der "Franzose", ich nenne ihn hier Pierre lag in seinem Bett und stöhnte vor sich hin. Auf einmal richtet er sich auf, fuchtelt wild mit seinen Armen und erzählt irgendetwas. Sorry, denke ich, ich spreche leider kein Französisch. Doch dann begreife ich blitzschnell, springe zum Mülleimer und halte ihn vor sein Gesicht. Keine Sekunde zu spät... Das ging dann eine ganze Weile so weiter - Mülleimer hoch - mit einem Waschlappen sein Gesicht abwaschen usw. 

Bitte verstehe mich nicht falsch, ich hatte Null-Probleme damit, ihm zu helfen, dass war für mich selbstverständlich. Aber es war wieder ein interessanter Punkt, den ich ebenfalls an dieser Stelle nicht hinterfragte.

Die lange und genüßliche Mittagspause

Pausen sind wichtig, das durfte ich auch erfahren. In meiner "smovey-Karriere" habe ich Salzhans, den Erfinder der smovey kennen lernen dürfen. Er hat in seinem gleichnamigen Buch viel über das Thema "Die Macht der Pause" geschrieben. Ich habe es gelesen und nicht wirklich verstanden (mit dem Kopf ja, mit dem Körper nein).

Buch Salzhans "Die Macht der Pause"

In einem kleinen Ort vor Torres del Rio lerne ich Karsten kennen. Er war an diesem Tag um die Mittagszeit bereits knappe 20 km gelaufen und wollte sich eine längere Pause gönnen. Perfekt dachte ich. Meine Wenigkeit (ein blödes Wort oder?) entschied sich allerdings, weiterzulaufen. Einige Tage später traf ich einen gemeinsamen Bekannten von Karsten und mir. Er erzählte Karsten hätte aufgegeben.

Was er erzählte, war wiederum interessant. Karsten lief jeden Tag zwischen 25 und 35 Kilometern. Das ist eine gute Leistung. In der Mittagszeit machte er jeden Tag lange Pause. Er genoss sein Mittagessen in einer Bar und trank dazu in der Regel eine Flasche Wein. Nach zwei bis drei Stunden machte er sich wieder auf den Camino. Nach 10 Tagen waren seine Füße kaputt und er hatte eine Entzündung im Schienbein.

War es der Alkohol, der seine Körperwahrnehmung abgeschalten hatte? Hm...? Er hat aufgehört.

Meine eigenen Erfahrungen mit meinem Körper

Bevor ich gestartet bin, hatte ich eine wunderbare "Einweisung" für den Camino durch unsere Nachbarin. Sie war den kompletten Weg 2013 erfolgreich gelaufen. Eine Sache, die sie mir ans Herz gelegt hat, habe ich gehört, aber nie beachtet. Sie sagte - "Die Tage sind heiß und trocken, jedoch hast du an vielen Stellen einen eisigen Wind." Vielleicht habe ich mich in diesem Moment an meine Mutter erinnert, die auch immer sagte - "Thomas, pass auf, ziehe immer eine Mütze an, wenn draußen Wind ist."

Dritter Tag auf dem Camino. Ich laufe kurz, schließlich ist es warm. Den Wind von der Seite ignorierte ich geflissentlich. Seit dem Morgen habe ich ein Kratzen im Hals, etwas zum Lutschen, wie sie empfohlen hatte, habe ich nicht mitgenommen. Am Abend spüre ich meine Nasennebenhöhlen, am nächsten Morgen habe ich erhöhte Temperatur. Ok, was soll das?

Ich bin dann drei Tage mit leichtem Fieber gelaufen, meine Nase "lief" mehr als eine Woche "vor mir her". Die Nasennebenhöhlen pochten wie wild, erst 10 Tage später war alles überstanden.

Und echt jetzt, mein Körper hat die ganze Zeit mit mir gequasselt, aber ich konnte - wollte ihn nicht hören!

Warum können wir den Körper nicht hören?

Vielleicht ist die Frage noch nicht konkret genug gestellt - Warum können und wollen wir den Körper nicht hören? Es ist keine Böswilligkeit, die uns den Körper ignorieren lässt - Wir haben die Verbindung zu unserem Körper verloren und die Ablenkung des Lebens sind einfach zu groß und das Maß Eigenverantwortung oft zu klein.

Was daraus entsteht - Frust, Burnout, Depression, Krebs - das waren jetzt erst einmal die extremsten Auswirkungen (die uns aber täglich begegnen) - beginnen tut es mit herunter gezogenen Mundwinkeln, dem langsamen aber sicheren Anwachsen des Körpergewichtes (selten Abnehmen).

Aber warum lassen wir es denn zu, dass die Verbindung zum Körper in dieser Art und Weise gestört wird? Darauf gibt es eine "einfache" Antwort - Wir leben komplett im Außen. Alles was um uns herum geschieht ist wichtigen als das Innen. Wir orientieren uns so stark an unserer Stellung in dem, was wir Gesellschaft nennen, dass wir uns komplett zurück stellen. Auch das ist für mich keine neue Erkenntnis, ich habe es oft genug gehört, doch so richtig klar geworden ist es mir auf dem Camino. 

Sofortige (zeitnahe) Reaktion

Was ich bei Laufen auf dem Camino erfahren durfte, jedes Verhalten, jede Anforderung an meinen Körper hatte eine augenblickliche oder zumindest sehr zeitnahe Reaktion des Körpers zur Folge.

  • Ich bin zu schnell gelaufen - die Füße haben extrem gebrannt, oft gibt es dann Blasen...
  • Ich bin zu weit gelaufen - Füße haben gebrannt, die Hüfte tat weh
  • Zu wenig gegessen - Hungerast
  • Zu wenig getrunken - schwindlich und Kopfschmerzen

Kennst du das alles aus dem Alltag, natürlich. Nur hören wir nicht darauf, wir überspielen es.

Übrigens, auch die Tage, an denen ich mit dem Tschechen Filip gelaufen bin, habe ich definitiv weniger auf meinen Körper gehört. Ich wollte ja mithalten, wollte stark sein, wollte anerkannt sein.... Zum Glück hatten wir beide ein sehr ähnliches Tempo.

Feedback des Körpers im Alltag

Kannst du dir vorstellen, welche Power es uns geben könnte, wenn wir das Feedback des Körper hören würden und auch noch darauf reagieren würden? Was würde geschehen, wenn du selbst auf einmal der wichtigste Mensch in deinem Leben wärst? Wäre das eine komplette Egonummer oder wärst du auf einmal "der Fels in der Brandung". Also der, der für die Anderen um ihn herum Ruhepol ist und uns ein sicheres Gefühl bringt.

Nach den Erlebnissen auf dem Camino bin ich mir sicher, dass in der (Wieder-) Verbindung zu unserem Körper eine unendliche Kraft steckt. Stelle dir einfach mal vor - jeder, der neben SEINer Spur läuft (da steckt SEIN drin oder?) und in Richtung BornOut oder Depression abtriftet, könnte die Signale des Körpers hören bevor er "im Brunnen" sitzt. Oder wir "wissen", dass wir immer kräftiger werden und drücken auch dass weg. Nach meiner Überzeugung (und Ausbildung) werden wir nicht dick, weil wir falsch essen - wir werden dicker, weil wir falsch denken oder besser NICHT FÜR UNS DENKEN!

Zur Verteidigung kann natürlich die mannigfaltige Ablenkung im heutigen Leben herangeholt werden (Werbung, Nachrichten, Kino usw.). Doch letztendlich ist es auch nur deine Wahl und deine Eigenverantwortung oder?

Welche Kraft hätte es, wenn wir immer mit dem Körper verbunden wären, all die verborgenen Signale dankbar annehmen könnten und vor allem darauf reagieren würden?

Jakobsweg Thomas Heise

Frage dich doch einmal - Was kann dein Feedback von deinem Körper sein? Wie kannst du wieder lernen, mit deinem Körper "zu sprechen" (warum eigentlich nicht sprechen?)? Welche Power können wir wiedererlangen, wenn unserer Gesundheit, unserem Wohlergehen wieder die Bedeutung einräumen, die sie haben sollten? Welcher Beitrag können wir für andere Menschen sein, wenn wir gesund und stark sind?

Was meinst du zu diesem Thema? Mich interessiert sehr, wie du darüber denkst. Hinterlasse doch einen Kommentar unter dem Artikel. Gern kannst du, wenn es dir gefallen oder etwas gebracht hat, mit deinen Freunden teilen.

Herzliche Grüße
Thomas

Auf dem Jakobsweg mit Filip


About the author 

Thomas Heise

Da "draußen" sind so viele Menschen, die heute 45, 50 oder 60 Jahre alt sind. Sie alle haben so unendlich viel Lebenserfahrung angesammelt und doch sind viele müde geworden. Die ersten Zipperlein des "Alters" plagen, der Job nervt, sie sind ausgebrannt usw. Meine Vision ist es euch Ideen zu geben, mehr Power und Lebensfreude, Lust auf Neues zu wecken und den Mut, vielleicht doch die eine oder andere Veränderung anzugehen. Lasst uns eine Delle ins Universum schlagen...

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